Nachhaltige Kondome finden: So geht’s
Bei Lebensmitteln, Kleidung und Co. achten viele Menschen schon auf ökologische und faire Herstellung bzw. Bestandteile. Wie aber steht’s mit eurem Kondomkonsum? Nutzt ihr nachhaltige Kondome?
Vorweg: Es gibt bis jetzt keine „perfekt nachhaltigen“ Kondome. Aber mit etwas Hintergrundwissen und Recherche finden sich Kondomhersteller*innen, die schon einiges gut umsetzen.
Die Reise eines Kondoms: Von Asien bis in die Nachttischschublade
Viele von uns haben sie regelmäßig in der Hand – aber habt ihr euch schon einmal gefragt: Wie werden Kondome eigentlich hergestellt? Und welche negativen sozialen oder ökologischen Folgen können damit einhergehen? Denn nur mit diesem Wissen lassen sich auch nachhaltige Kondome finden.
Station 0: Die Erforschung
Kondome gelten als Medizinprodukte, daher sind Tierversuche möglich. Ansonsten wird die Wirksamkeit und mögliche Nebenwirkungen an Menschen erforscht.
Station 1: Der Kautschukanbau
Kondome bestehen in den meisten Fällen aus Latex. Dieses wird aus dem Saft der Rinde des Kautschukbaums gewonnen. Kautschukbäume werden großteils in Asien angebaut.
Station 2: Die Latexproduktion
Für die Latexproduktion wird die Rinde des Kautschukbaums angeritzt und der flüssige Latexsaft tritt aus. Dieser wird gesammelt und mit Zusatzstoffen versetzt, damit er für die Kondomproduktion geeignet ist. Die genaue Rezeptur wird von den meisten Hersteller*innen geheim gehalten.
Station 3: Die Kondomherstellung
Glaskolben werden in die Latexmischung getaucht und die dünne Schicht an den Kolben erst getrocknet und dann vulkanisiert. Der Rollrand von Kondomen entsteht durch spezielle Bürsten. Anschließend werden die Kondome gewaschen, beschichtet, eventuell mit Gleitgel versehen, elektronisch geprüft, gerollt und luftdicht verpackt.
Station 4: Der Transport und Vertrieb
Die fertigen Kondome und teilweise auch schon das Latex zur Weiterverarbeitung werden teils tausende kilometerweit an den Verkaufsort gebracht. Der Verkauf findet entweder vor Ort oder online über verschiedene Unternehmen statt. In manchen Fällen werden Kondome auch gratis vergeben.
Station 5: Die Nutzung
Kondomanwender*innen lagern Kondome bis zur Nutzung. Je nach Sexualverhalten, Wissensstand und Achtsamkeit werden unterschiedlich viele Kondome verbraucht. Manche Anwender*innen verwenden Kondome für die Verhütung von ungewollten Schwangerschaften, manche für den Schutz vor sexuell übertragbaren Infektionen, manche für beides. Personen, die eine Schwangerschaft vermeiden wollen und ihren Zyklus beobachten und nur in der fruchtbaren Zeit Kondome benötigen, haben einen stark reduzierten Verbrauch.
Station 6: Die Entsorgung
Kondome müssen im Restmüll entsorgt werden – egal, ob sie gebraucht sind, oder nicht. Restmüll wird in Österreich entweder verbrannt oder mechanisch-biologisch behandelt, daher sortiert, zerkleinert und mittels Mikroorganismen zum Teil abgebaut. Die Rückstände beider Verfahren werden teils als Baustoffe genutzt, der Rest landet in Deponien.
Station 7: Der Bildungseffekt
Die Verpackung, Packungsbeilage aber auch die Website oder der Social Media Auftritt der Hersteller*innen bietet viel Raum für Bildung. Sei es rund um die richtige Größe, Handhabung, STIs und mögliche Verringerung des Verbrauchs durch Fruchtbarkeitsbewusstsein, Nachhaltigkeit, Menschenrechte oder EcoSocial Entrepreneurship.
Das sind ganz schön viele Stationen, bei denen sozial oder ökologisch etwas schief gehen kann – aber auch viel Potenzial für eine nachhaltige Herstellung, Nutzung und Entsorgung!
10 Kriterien für nachhaltige Kondome
Wenn ihr als Konsument*innen Kondome kauft, können euch diese Leitfragen die nachhaltige Richtung weisen:
- Ist die Qualität des Kondoms geprüft oder gibt es Mängel, die den Verhütungsschutz beeinträchtigen?
- Gibt es unterschiedliche Größen für eine Vielzahl unterschiedlicher Penisgrößen oder nur Standardgrößen?
- Ist es vegan oder wurde es an Tieren erforscht bzw. ist es mit tierischen Stoffen versetzt?
- Ist bzw. war die Erforschung an Menschen ethisch oder unethisch?
- Passiert der Kautschukanbau z.B. in nachhaltigen Agro-Forstsystemen oder in Monokulturen, für die Urwald abgeholzt wurde?
- Sind die Arbeitsbedingungen bei der Latex- und Kondomherstellung gut oder werden Menschenrechte verletzt wie z.B. Freiheitsrechte, Kinderschutz, fairer Lohn?
- Wird das Kondom umweltschonend hergestellt und transportiert oder entstehen z.B. viele Treibausgasemissionen?
- Ist die Verpackung minimal und recyclebar oder z.B. aufwändig und aus Plastik?
- Werden die Gewinne des Kondomunternehmens an alle Mitarbeiter*innen ausgeschüttet bzw. für sozial-ökologische Projekte verwendet – oder haben nur die Firmenbesitzer*innen etwas davon?
- Ist beim Kondomverkauf Sexuelle Bildung bzw. Bildung für Nachhaltige Entwicklung inkludiert?
Eure nachhaltige Kondommarke finden
Wenn ihr „nachhaltige Kondome“ in eine Suchmaschine eingebt, findet ihr einige Vorschläge. Je nachdem, was euch ein Anliegen ist, könnt ihr auf den jeweiligen Websites checken, welche Marke eure Kriterien erfüllt.
Extra-Tipp: Mit Zyklusbeobachtung Kondome einsparen
Wusstet ihr, dass viele Menschen Kondome „unnötig“ verwenden? Viele Menschen können ihren Kondomverbrauch in diesem Fall drastisch reduzieren: Wenn ihr Kondome nicht für den Schutz vor sexuell übertragbaren Erkrankungen braucht und Lust auf Zyklusbeobachtung habt, dann braucht ihr sie nur in der fruchtbaren Zeit. Wenn ihr eure sicher unfruchtbare Zeit kennt, könnt ihr den Verbrauch von Kondomen auf ca. ein Drittel bzw. die Hälfte reduzieren. Und ein Produkt gar nicht benötigen ist meist die nachhaltigste Variante.